Immer wieder klang es an während unseres Beisammen­seins zwischen Freitag und Sonntag, also vom 22. bis zum 24. September 2017, dass es viel zu lange gedauert habe, bis wir uns erneut nach Siegen aufgemacht haben, um Vergangenes aufzufrischen, aber auch unsere Meinungen über das Ge­schehen der Gegenwart in angeregtem Gespräch auszu­tauschen.

Um es vorwegzunehmen: Horst Müller, genannt „Der Ohm“, schrieb nach dem Treffen, „wir sollten das solange wiederholen, wie noch wenigstens 2 von uns reisefähig sind.“

Doch der Reihe nach. Sechzig Jahre nach bestandener Reifeprüfung entschloss sich eine erfreulich große Zahl von Klassenkameraden zum Mitmachen, nachdem Dieter Albacht am 15. Dezember des Vorjahres dankenswerter Weise den Startschuss für die Vorbereitungen gegeben hatte. In der Folge kam es dank fortgeschrittener Kommunikationsmöglichkeiten zu vielseitigen Kontakten; die Sache reifte allmählich, und schließlich traten zehn Ehemalige an, um dem von unseren Siegerländer Klassenkameraden vorbereiteten Treff den Erfolg zu verschaffen.

Wenn Ihr mich fragt, wieso zehn von damals dreiundzwanzig (eigentlich geht es um fünfundzwanzig, wenn ich Horst Müller und Axel Wetzig mitrechne, die uns schon vorher verlassen hatten) eine erfreulich große Zahl war, dann kann ich nur auf unser inzwischen erreichtes Alter verweisen, das bereits über der statistischen Lebenserwartung für den männlichen Teil unserer Bevölkerung liegt. Mit Bedauern muss ich aber auch an dieser frühen Stelle meiner Nachlese zum Treffen anmerken, dass eine respektable Zahl der Unsrigen von damals nicht dabei sein konnte. Allein fünf Mann waren gezwungen, entgegen Ihrer ursprünglichen Zusage aus nachvollziehbaren Gründen abzusagen. Ihre Grüße wurden den Anwesenden unter lebhafter Anteilnahme und großem Bedauern übermittelt, und es ist zu hoffen dass dieser Bericht ihnen und auch den von vornherein Fehlenden ein wenig das Gefühl vermittelt, dabei gewesen zu sein. Insbesondere gilt allen von gesundheitlichen Problemen Betroffenen der aufrichtige Wunsch auf Besserung!

Was geschah? Bei „Peuns“ unterm Hain trudelten am Freitag ab 18 Uhr nach und nach die ersten acht Teilnehmer der Jubiläumsrunde ein, und es entspann sich alsbald das gewohnte, über den Tisch kreuzende Plaudern, gespickt mit Austausch über Personen und Ereignisse aus gemeinsamer Vergangenheit. Dabei blieb es nicht aus, dass auch den nicht mehr Lebenden ein gebührendes Gedenken gewidmet war. Fehlten doch aus der Abiturientaliste 1957 seit dem letzten Treffen nun auch Wilfried Hierling, Josef Schulte, Fritz Stähler, Hans-Jürgen Strott und Hermann Weber.

Weil es so angeregt zuging am Abend zuvor, ging es auch am Sonnabend früh in gleicher Stimmung nach dem Zusammentreffen im Haus Nalop weiter mit einem Aufstieg zum Oberen Schloss für einen Besuch im Museum des Siegerlandes. Eigentlich herausragendes Ereignis des Tages war danach aber sicher unser Besuch in der alten Penne. Ich denke, die Begegnung mit dem Haus, aber vor allem mit dem, der den Geist dieses Hauses heute bestimmt, war eine Sternstunde unseres der Erinnerung gewidmeten Zusammentreffens an alter Wirkungsstätte.

Sozusagen auf dem Schulhof, genauer aber am Eingang ins Löhrtor-Gymnasium empfing uns ein junger, dynamisch wirkender Schulleiter, Dr. Reiner Berg, der nur darauf gewartet zu haben schien, sein Haus auf das Beste zu präsentieren. Immerhin ein Vertreter der Zunft, deren frühere Mitglieder während des Treffens und natürlich während des Rundgangs durch unsere alte Lernstätte auf Schritt und Tritt Erinnerungen und Anekdoten auf den Plan riefen. Wurden auf der einen Seite beim Rundgang durch bekannte Räume und Treppengänge Gefühle an die Vergangenheit geweckt, so war auf der anderen Seite die Gegenwart im lebhaften Gespräch mit Dr. Berg das Bestimmende für unsere Begegnung mit diesem Ort. Gab es kleine Szenen, wie die Schilderung der Linke-Hand-Regel beim Bä im alten Physikraum oder die Rekapitulation der Übernahme des Matheunterrichts durch den Unterzeichner dieses Berichtes vor der Wandtafel von damals, so stand das Gespräch mit dem Schulleiter über das Schulgeschehen von heute wie auch die Rolle eines Schulleiters von heute absolut im Mittelpunkt des ausgedehnten Besuchsablaufs. Man hätte sich nur gar zu gern noch einmal in die Schulbank gesetzt und erlebt, wie mit den pädagogischen und technischen Mitteln von heute engagierte Lehrer, vom Schulleiter im Bewerbungsgespräch persönlich ausgesucht, ihren Unterrichtsstoff u.a. mit PC und Beamer an unsere heranwachsende Generation vermitteln.

Nach diesem so erfreulichen Besuch in der Schule war der Weg nicht weit ins wieder einmal gastliche Haus Nalop zu Karin und Jochen, die zum Eintopf geladen hatten. Wir beugten uns still beim Dankgebet, das Hans Flick sprach und in das er insbesondere auch die durch mannigfaltige Handicaps verhinderten und die für immer von uns gegangenen Kameraden einschloss. Festgehalten werden muss, dass es mehr als reichlich zu essen gab, phantastisch schmeckte und mit frisch gezapftem Pils auch nicht trocken weggelöffelt werden musste. Schließlich konnten wir bei dieser Gelegenheit - erstmalig seit Ablegen der Reifeprüfung und insoweit ein erfreuliches Novum - unseren ehemaligen Klassenkameraden Wolf Liegmann begrüßen, der, das war mein Eindruck, seine weite Reise aus dem Norden nicht bereut zu haben schien.

Auch an dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank ans Löhrtor. Gab es doch sogar Stimmen, die meinten, man könnte künftige Treffen ganz auf einen Treffpunkt Löhrtor ausrichten!

Wegen der gegenüber der Anmeldeliste nun leider spürbar geschrumpften Teilnehmerzahl verzichteten wir auf die an sich reizvolle Programmidee einer Oldtimerfahrt durch die Stadt, und Jochen ist für sein Bemühen zu danken, dass der Verzicht sozusagen auf die letzte Minute und gegen einem glimpflich hohen Obolus erreicht werden konnte.

Rainer Maria Rilke
Der Panther (1903)

Im Jardin des Plantes, Paris

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf – Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille –
und hört im Herzen auf zu sein.

So war uns eine erholsame nachmittägliche Ruhe vergönnt, bevor wir uns - nun vollzählig - zur Festrunde am schon gewohnten Ort in der Pfeffermühle trafen. Ab 18 Uhr versammelte sich die zehnköpfige Schar zu Büffet und lebhaftem Gespräch an langer Tafel, um bis spät in den Abend Erinnerungen an die nunmehr sechzig und mehr Jahre zurückliegende und nicht nur auf der Schulbank verbrachte gemeinsame Zeit auszutauschen. Dabei kamen gewiss weder die nicht anwesenden Mitstreiter von damals als auch unsere Lehrer nicht zu kurz.

Conrad Ferdinand Meyer
Der römische Brunnen. (1882)

Aufsteigt der Strahl und fallend gießt
Er voll der Marmorschale Rund,
Die, sich verschleiernd, überfließt
In einer zweiten Schaale Grund;
Die zweite giebt, sie wird zu reich,
Der dritten wallend ihre Flut,
Und jede nimmt und giebt zugleich
     Und strömt und ruht.

So trug Hans Flick, gut vorbereitet, mit Bildern der damals Heranreifenden wie ihrer Lehrer wie ihrer Angebeteten zum Auffrischen der Erinnerungen bei. Besondere Freude bereitete der Runde auch sein Beweis „nachhaltig“ guter Schulergebnisse beim Zitieren von Gedichten aus Fritz Forschepiepes Deutschunterricht, so „Der Panther“ und „Der römische Brunnen“, und die Runde bemühte sich, mit beachtlichem Erfolg mitzusprechen.

Bleibt zum Schluss übrig festzustellen, dass man nach diesem angeregten Abend im Namen aller Beteiligten von einem rundum gelungenen Wiedersehen berichten kann, dem der lange an diesem Ort vermisste Rolf Liegmann zum Abschied unter herzlicher Zustimmung der Runde bewegt Ausdruck verlieh.

Danke zum Schluss allen Organisatoren und auf ein hoffentlich gesundes Wiedersehen in zwei Jahren!

Werner Fey

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