Die Organisatoren der Friedensgruppe sind dankbar: Die Schülerschaft des Löhrtor-Gymnasiums sammelte 2.000 Euro für die Ukraine. Foto: Lena Heinrich

Friedensgruppe Siegen organisiert weiter Lieferungen in die Ukraine/ Vereinsgründung geplant

lh Siegen. „Sich sozial-politisch zu engagieren ist für mich eine Form der Zivilcourage”, betont Schulleiter Dr. Reiner Berg und lobt die Schülerschaft des Gymnasiums Am Löhrtor, denn: Sie haben im großen Stil Spenden für Flüchtlinge und für notleidende Menschen in der Ukraine gesammelt. Dafür haben sich die Fachbereiche Französisch und Musik gemeinsam engagiert. Im Rahmen eines Orchesterkonzertes im April, zusammen mit der Fritz-Busch-Musikschule und durch einen erfolgreichen Crêpes-Verkauf konnten die Schülerinnen und Schüler eine Spendensumme in Höhe von 2000 Euro erzielen. Die Spende wurde am Mittwochvormittag in der Aula des Löhrtor-Gymnasiums an den Kooperationspartner, die Friedensgruppe Siegen, überreicht.

Nur das Nötigste mitnehmen

„Als ich 15 Jahre alt war, hatte ich andere Sorgen als Krieg oder Flucht und war weit davon entfernt, Spenden zu sammeln“, erinnert sich Tetyana Pankovska von der Friedensgruppe zurück und zeigt sich begeistert von der Unterstützung der Siegener Schülerschaft. In ihrem Vortrag führten die Organisatoren der Friedensgruppe die Jugendlichen in die aktuelle Problematik ein. Während sich Frauen und Kinder seit den vergangenen zwei Monaten vermehrt auf der Flucht befinden, dürfen wehrpflichtige Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren das Land nicht verlassen. Auch Haus- und Nutztiere werden häufig in der alten Heimat zurückgelassen. „Viele sind nur mit einer kleinen Tasche geflüchtet - sie nehmen nur das Nötigste mit, was sie haben“, beschreibt Tetiana Havlin die ausweglose Situation. Von ursprünglich 42 Millionen ukrainischen Staatsbürgern sind bereits 20 Prozent der Zivilbevölkerung auf der Flucht. Rund 6,5 Millionen Ukrainer fliehen innerhalb des Landes, bereits vier Millionen Menschen haben ihr Heimatland verlassen. Viele davon halten sich trotzdem in der Nähe der Grenzen auf, in der Hoffnung, dass bald ihre Männer, Brüder, Väter und Söhne das Land verlassen dürfen oder sich die Situation bessert. Besonders betroffen sind die städtischen Einwohner, da die urbanen Zentren am stärksten unter den Zerstörungen leiden.

Babynahrung und medizinische Geräte werden benötigt

Besonders dringend werden weiterhin Lebensmittel und Fertignahrung, Hygieneprodukte, Babyartikel und Tierfutter, Schlafgelegenheiten sowie medizinische Gerätschaften und freiverkäufliche Arzneimittel benötigt. Die Friedensgruppe hat sich bewusst auf die Verteilung von Sachspenden fokussiert, um mit Spendengeldern gezielt kostspielige Gerätschaften für Chirurgie und Pflege anzuschaffen und in die Ukraine zu liefern. Auch setze man die Gelder für die Abdeckung der teuren Transportkosten durch Lkw ein. Weiterhin werden Spenden aller Art angenommen und können samstags zwischen 10 und 14 Uhr in der Zentrale an der Hagener Straße 109 in Siegen abgegeben werden. Auch ehrenamtliche Helfer, die die Lkw beladen und Kisten sortieren, sind jederzeit willkommen. Weitere Informationen zur Friedensgruppe Siegen finden Interessierte unter www.friedensgruppe-siegen.de.

Dafür steht die Gruppe

Die Friedensgruppe Siegen ist eine junge Initiative, die eine zentralisierte und adressierte Verteilung von Sachspenden in Siegen an ukrainische Familien im Kriegsgebiet und auf der Flucht ermöglicht. Wassiliji Tscherleniak brachte vor zwei Monaten den Stein ins Rollen und gründete gemeinsam mit Tetyana Pankovska, Tetiana Havlin und Nataliia Blagovieshchenska die Gruppe. Durch ihr vielseitiges Netzwerk zu zahlreichen Kooperationspartnern vor Ort und einigen Bildungseinrichtungen, konnte die Gruppe bereits zehn Lkw-Ladungen mit Hilfsgütern in die Ukraine schicken. Im Krisengebiet arbeitet die Friedensgruppe Siegen überwiegend mit der befreundeten Hilfsorganisation Viva la Vita in der ukrainischen Stadt Czernowitz zusammen, um auch den Menschen vor Ort humanitäre
Hilfe zu leisten. Auch psychologische Betreuung und Beratungen bieten die ehrenamtlichen Helfer in allen notwendigen Sprachen an. Viele Mitglieder seien daher jedes Wochenende im Einsatz: Sie kümmern sich um die Koordination und vermitteln Kontakte. Besonders die Auslieferung von Versorgungspaketen an einzelne Familien sei in der humanitären Hilfe wichtig - so konnten die Siegener bereits 150 Familien unterstützen. „Jeder von uns wird so lange helfen, wie der Krieg läuft und Menschen Hilfe brauchen”, betont Wassilij Tscherleniak.

Weitere Aktionen geplant

Zukünftig plant die Friedensgruppe die Gründung eines Vereins, um die humanitäre Hilfe weiter auszubauen. Die nächste Spenden-Veranstaltung findet am Freitag, 10. Juni, statt: Gemeinsam mit dem Fachbereich Musik des Gymnasiums Am Löhrtor, werden einige ukrainische Musiker der Friedensgruppe den Abend gestalten. Das Konzert findet im Rahmen der neuen Veranstaltungsreihe „Kriegerischer Frieden” statt, die ganz im Zeichen der interkulturellen Sensibilisierung stehen wird.