Schüler des Siegener Löhrtor-Gymnasiums legten auf jedem Grabstein eine weiße Rose nieder.

Würdevolle Feierstunde zum Volkstrauertag an der Kreisehrengedenkstätte

Landrat: „Wir sind dankbar für 70 Jahre ohne Krieg. Um so schwerer wiegen die Pariser Terroranschläge."

mir Gosenbach. Eine beklemmende Stille lag gestern über der Kreisehrengedenkstätte, die jährliche Feierstunde am Volkstrauertag hatte eine besondere Note: „Wir sind dankbar für 70 Jahre ohne Krieg. Um so schwerer wiegen die Pariser Terroranschläge", erklärte Landrat Andreas Müller, und die zahlreicher als sonst in den Vorjahren gekommenen Teilnehmer hörten genau hin. „Wir gedenken aller Menschen, die durch Gewalt ihr Leben verloren haben"

Zugleich erinnerte er an die zwei heftigsten Konflikte der jüngsten Vergangenheit, die militärischen Auseinandersetzungen in der Ukraine und den Bürgerkrieg in Syrien. Krieg sei nur die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, das habe einmal der preußische Generalmajor Carl Philipp Gottlieb von Clausewitz gesagt. „Da krieg ich das Grausen", so Müller.

Grausen, das dürfte auch richtige Wort sein für die Schilderungen in den Briefen der 18-jährigen Barbara an ihren Freund, einen Jagdflieger. Mehrere Schüler des Siegener Löhrtor- Gymnasiums lasen aus diesen 1943 verfassten Zeilen vor. Eben diese Barbara schilderte das Erlebte im Luftschutzbunker, der zum schulischen Dauerquartier geworden war, sie schrieb über die Schulstunde mit dem Thema „Recht auf Lebensraum" und das Sirenengeheul mit folgendem Bombenangriff. Schlimmes habe sie gesehen, etwa an der Möhnetalsperre, schrieb die junge Frau 1943 an ihren fliegenden Freund, der aber nicht in die Heimat zurückkehren sollte. Abgestürzt im brennenden Flugzeug, seither vermisst.

Auch Annette Hinzmann, die Pfarrerin der ev. Kirchengemeinde Gosenbach, kam auf konkrete Einzelheiten zu sprechen, sie erzählte kurz über die Toten in der eigenen Familie, die der Zweite Kriegweltkrieg gefordert hatte. Bewusst gedachte sie aller Menschen, die sich gegen die Barbarei aufgelehnt haben. 55 Millionen Opfer habe der Zweite Weltkrieg auf der Welt gefordert, sechs Millionen Juden seien von den Nazis getötet worden, 14 Millionen deutsche Vertriebene hätten ihre Heimat verloren.
Mit Bezug auf die aktuellen Geschehnisse rief sie dazu auf, „wir müssen Hüter sein der Flüchtlinge, aber auch der jüdischen Gemeinden. Und hütet Euch vor denen, die mit der Zunge hetzen. Ihnen muss Einhalt geboten werden."

Mit Reden allein war es gestern an der Gedenkstätte nicht getan. Auf den Steinkreuzen zu Ehren der dort bestatteten 162 deutschen Kriegstoten des Zweiten Weltkriegs legten die Gymnasiasten weiße Rosen nieder. Mitglieder der Reservistenkameradschaft standen mit Fackeln Spalier.

Der Chor der Kreisverwaltung {SiWi Vokal) trug zum Volkstrauertag passende Lieder vor, und der Bläserkreis Niederscheiden gab der Veranstaltung mit seinen musikalischen Einlagen einen betont würdevollen Rahmen, ehe die gestrigen Teilnehmer still und in Gedanken die Gedenkstätte verließen.