Schüler des Löhrtor-Gymnasiums legten auf jedes der Kriegsgräber eine gelbe Rose zur Erinnerung an die Opfer von Krieg, Gewalt und Terror. Im Hintergrund halten Kameraden der Bundeswehr eine Mahnwache für die Gefallenen. Fotos: Tim Lehmann

GOSENBACH Würdevolle Gedenkstunde zum Volkstrauertag auf der Kreisehrengedenkstätte

Landrat Andreas Müller: „Krieg - diese Erfahrung braucht niemand.“

tile ◼ „Bewahre uns davor, das Gewesene zu vergessen“, betete Annette Hinzmann. In ihren Worten des Gedenkens erinnerte die Pfarrerin der ev.-ref. Kirchengemeinde Gosenbach gestern zum Volkstrauertag an all die Leben, die geprägt wurden von Not, Leid und Zerstörung und die dabei körperlichen und seelischen Schaden genommen haben. Aber der Mensch sei so beschaffen, dass er Angst in etwas Positives verwandeln könne. Sie wünschte sich, dass die Lehre aus dem Unfassbaren in jedwedem kriegerischen und terroristischen Akt ihren Weg in das Leben der Menschen finde: Der Friede im Denken und Handeln solle zur Grundlage des Alltags werden.

Auf der Kreisehrengedenkstätte in Gosenbach stellte Landrat Andreas Müller fest: „Diese Welt ist kein friedlicher Ort; und ich weiß nicht, ob sie es jemals sein wird. Was ich sz 2017 11 19 foto2aber weiß, ist, dass wir etwas dafür tun können.“ Jeder Gefallene sei Mahnung und Aufforderung, Zivilcourage und Rückgrat zu zeigen. Denn: „Krieg - diese Erfahrung, braucht niemand.“

Müller betonte insbesondere auch die inhaltliche Entwicklung des Volkstrauertags. Einst von den Nazis als Heldengedenktag missbraucht werde heute allen Opfern politischer Gewalt gedacht. Dies sei u. a. das Verdienst des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge mit seiner Intention, „Versöhnung über den Gräbern“ zu stiften, sowie des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, der 1985 durch seine Ansprache zum Kriegsende am 8. Mai 1945 die Erinnerungskultur in Deutschland nachhaltig verändert habe.

Wie wichtig das Sich-Erinnern auch für nachrückende Generationen ist, machten drei Schüler des Löhrtor-Gymnasiums überraschend nachdrücklich deutlich. Die mediale Übersättigung mit Krieg, Gewalt und Terror führe zu einer Abstumpfung, kritisierte Tristan Vitt. Dabei müsse man sich doch „immer bewusst machen, dass Krieg bedeutet, dass Menschen sterben, ihre Heimat verlieren“. Die Folgen seien auch bei uns tagtäglich zu sehen - in den Schicksalen der nach Deutschland geflüchteten Menschen. Friede in der Welt müsse das oberste Ziel sein. Dafür forderte er: „Seien wir empathisch!"

Stolz und dankbar sei sie, sagte Jule Bäumer sz 2017 11 19 foto3mit bebender Stimme, „dass ich keine Angst haben muss“. Dies sei ein Privileg ihrer Generation, der letzten, die noch Menschen kenne, die den Krieg erlebt haben. Verwandte ihrer Oma lägen eben hier auf der Kreisehrengedenkstätte, verriet die junge Gosenbacherin. Diese Sicherheit dürfe niemals als selbstverständlich erachtet werden. Es gelte daher, die (emotionale) „Neutralität in uns zu bekämpfen“. Anschließend las die angehende Abiturientin Olivia Icynec den Text „Warten auf Entwarnung“ vor, die berührende Kriegserinnerung einer Zeitzeugin des Zweiten Weltkriegs.

Die Feierstunde mit Kranzniederlegung wurde musikalisch begleitet von SiWi Vokal, dem Chor der Kreisverwaltung. Neben Landrat Müller, seinem Vorgänger Paul Breuer, einigen Kreispolitikern und den beiden aktuellen Bundestagsabgeordneten Volkmar Klein und Willi Brase wohnten zahlreiche Amts- und Würdenträger der Bundeswehr, der Polizei, der Feuerwehr und anderen Institutionen sowie Anteil nehmende Bürger der würdevollen und angemessenen Gedenkveranstaltung bei.